(Buchtipp) "Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche"

ID 6643
 
Lamentieren hilft nichts: wir leben in einer Zeit, die arm ist an Revolutionen und Rebellionen. Grund genug für die Edition Nautilus und Verlagsleiter Lutz Schulenburg, die vorhanden „rebellischen Widerworte“ zu sammeln und zwischen zwei Buchdeckeln an die Leser zu bringen.
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04:46 min, 3909 kB, mp3
mp3, 112 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 16.04.2004 / 12:30

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Klassifizierung

Beitragsart: Rezension
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Kultur, Politik/Info
Serie: Radio Palmares - Magazin
Entstehung

AutorInnen: Markus Kilp
Kontakt: tomschrott(at)yahoo.com
Radio: PalmaresPB, Paderborn im www
Produktionsdatum: 16.04.2004
keine Linzenz
Skript
Anmoderations-Vorschlag:
Reformen sind angesagt!!
Lamentieren hilft da nichts: wir leben in einer Zeit, die arm ist an Revolutionen und Rebellionen. Grund genug für die Edition Nautilus und Verlagsleiter Lutz Schulenburg, die vorhanden „rebellischen Widerworte“ zu sammeln und zwischen zwei Buchdeckeln an die Leser zu bringen. Mit einem Ausflug in die Geschichte erinnert er an aktuelle, erfolgreiche und bedenkenswerte Widerworte. Markus Kilp hat diesen subversiven Sammelband gelesen:

Beitragstext:
„Seien wir realistisch, versuchen wir das unmöglich“ – das titelgebende Zitate dieser Sammlung stammt von Che Guevara, dem in der Postmoderne zur Ikone stilisierten kubanischen Revolutionsführer. Eine Ikone in einer scheinbar revolutions-losen Zeit.
„Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmöglich“, diese Aufforderung löste nicht nur zu Ihrer Zeit Hoffnungen und Taten aus. Auch alternative Sichtweisen taten sich auf.

Solches versucht auch Lutz Schulenburg in seinem Lesebuch der „Rebellischen Widerworte“.
Von Marx bis Billy Bragg. Von Max Hoelz bis Paco Ignacio Taibo und Subcomandante Marcos - die hier versammelten widerständigen Stimmen aus Aufrufen, Liedern und Erzählungen sind weit gefächert:

(Zitatcollage, S. 138 Fanon „Genossen ...“ – S. 144 „Ja ich war ...“ S. 88 Parth „Die Kriegsverbrecher“ , Ton Steine Scherben „Die letze Schlacht gewinnen wir“ )

Einige dieser Stimmen sind seit den 68er Jahren kolportiert worden auf Plakaten, Demonstrationen und aus dem Demo-Lautsprecher.
Andere Stimmen sind – zumindest für die jüngeren Leser – neu und selten gehört.
Schulenburg hat diese verschütteten Stimmen aus den Archiven befreit, und macht die heute nur sehr oberflächlich bekannten Widerstandsgeschichten fruchtbar. Hintergründe und Parallelen werden sichtbar, Fehler und Widersprüche offenbar - Aktuelle Entwicklungen lassen sich reflektieren.

Auch neue, „ganz frische“ Widerstandstexte nimmt Schulenburg in seine Sammlung auf. Diese manifestieren sich beispielhaft in den Texten der zapatistischen Bewegung in Mexiko und ihren weltweiten „Ablegern“,
aber auch in der populären Kultur. So finden sich hier Songtexte den britischen Anarcho-Popern Chumbawamba und die zu Hymnen der Globalisierungskritik gewordenen Zeilen eines Manu Chao:

Song: ... Clandestino...

Was die so verschiedenen Textausschnitte zusammenhält, beschreibt der Autor selbst als den „Grundton der Auflehnung“. Durch ihre Radikalität – teilweise als Ausdruck von Hass und Gewalt, an anderer Stelle von Mut und Menschlichkeit – bewegen die Texte den Leser auf unterschiedlichste Weise. So gelingt ihm auch die Brücke zuschlagen ... zwischen den Revolutionären Vordenkern des 19. Jh., den radikalen Praktikern Anfang des 20. Jh., der 68er Bewegung und den aktuell Widerständigen. Eine subversive Fibel, die abwechslungsreich, oft lehrereich und immer spannend bleibt – zum Teil unwirklich erscheinende Zeitreise – zum Teil von ausgesprochener Aktualität und Dringlichkeit.

Das Buch macht bei vielen angefangenen revolutionären Biografien Lust zum weiterlesen – und dies mag dem Autoren wohl aus mehreren Gründen besonders am Herzen liegen, hat er doch vor allem das Archiv seiner Edition Nautilus geplündert. Einer der widerständigsten Stimme im Büchermeer seien die auf die Spur gebrachten Neu-Leser gegönnt.

Abmoderationsvorschlag:
„Seien wir realistisch, versuchen wir das unmögliche! - Rebellische Widerworte“ herausgegeben von Lutz Schulenburg ist vor kurzem in der Edition Nautilus erschienen.
160 Seiten sind für 9 Euro 90 zu haben.